„Am Aschermittwoch ist alles vorbei“, so heißt es in einem alten Fastnachtslied. Vorbei mit dem Feiern und Schlemmen, dem Singen und Tanzen. Das war wirklich mal so, in längst vergangen Zeiten. Und dann fing sie an am Aschermittwoch, die große Fastenzeit: Wenig essen, fast kein Fleisch, kein Tanz, keine Feste. Das war wirklich mal so, in längst vergangen Zeiten. Wasser nur und trocken Brot, um es im überzogenen Bild zu sagen.
Wenn ich in einer Suchmaschine des Internets heute das Wort „Fasten“ eingebe, ist in den allermeisten Suchergebnissen von Heilfasten die Rede, welche Fastenmethoden es so alles gibt, wofür Fasten gut sein kann und wofür schlecht. Fasten hat Hochkonjunktur, möchte man meinen.
Was aber hat es mit dem Fasten auf sich? Zunächst einmal: Fasten ist der freiwillige Verzicht auf etwas, was ich zur Verfügung habe, sei es Essen oder Trinken, Auto oder Internet, oder auch vieles mehr. Ein Blick in die Geschichte zeigt uns, dass solches Fasten weit verbreitet ist: im Judentum und im Christentun, im Hinduismus und im Buddhismus, im Islam und in vielen andere Religionen. Und auch bei Menschen, die mit Religion nichts am Hut haben.
Immer wieder treffen Menschen für sich die Entscheidung, oft auch eingebunden in eine (religiöse) Gemeinschaft, für ein bestimmt Zeit zu verzichten auf etwas, was sie haben könnten: Ich selbst sage für mich: ich möchte jetzt beispielsweise in der Zeit zwischen Fastnacht und Ostern kein Fleisch essen, keinen Alkohol trinken, keine Zigaretten rauchen, nur eine Stunde am Tag in Internet surfen.“ Wir merken: ich suche mir einen Bereich, auf den ich verzichten möchte, und kann mir selbst damit etwas Gutes tun.
Das kann körperlicher Natur sein: Dem übergewichtigen Menschen wird es sicherlich nicht schaden, wenn er für sechs Wochen auf Zucker verzichtet; dem, der sich Gedanken über seinen Alkoholkonsum macht, wird es sicherlich nicht schaden, für sechs Wochen auf jeden Alkohol zu verzichten, und dem starken Raucher/ der starken Raucherin wird die Lunge sechs rauchfreie Wochen danken.
Es gibt andere Möglichkeiten des Fastens, um bewusster zu leben und bewusster leben zu können: ein bisschen weniger Zeit am PC, ein bisschen weniger Computerspiele, ein bisschen weniger Videokonsum, dafür vielleicht ein bisschen mehr Bewegung und öfters mal der Verzicht aus Auto. Das kann dann auch die Erfahrung von Freiheit sein: “Ich brauche das alles nicht, es geht auch ohne.”
Schließlich und endlich hat das Fasten in der Tradition auch noch einen Zweck, der auf andere hindeutet: Das Geld, das ich einspare, weil ich weniger konsumiere, dieses Geld lasse ich denen zukommen, die in Not sind, denen vieles fehlt, die sich lebenswichtiges nicht leisten können. Und so bekommt Fasten auch noch einen Sinn auf die Gemeinschaft der Menschen hin: wenn wir alle ein wenig behutsamer werden, profitieren auch wir alle davon.
Und dann auch noch dies: Gläubige Menschen ahnen, dass in solchem Verzicht auch unsere Sehnsucht nach der letzten Erfüllung aller unserer Wünsche bei Gott wachgehalten wird.
Liebe Kolpingschwestern und Kolpingbrüder,
Die Fastenzeit 2022 ist überschattet vom Krieg in der Ukraine. Möge sie uns allen eine Zeit der Besinnung und des Gebetes werden, eine Zeit der Begegnung und des gegenseitigen Tragens, und möge es eine gute Zeit der Vorbereitung auf Ostern werden, in der ein kleines Fasten uns begleitet.
Mit Treu Kolping grüßt
Euer Christian
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