Seit Aschermittwoch leben wir in der Fastenzeit. Das wird noch sieben Wochen so weitergehen – bis Ostern. Das hört sich erst einmal ziemlich lange an, aber wie schnell sind sieben Wochen vorbei! Zeit ist eine sehr merkwürdige Dimension. Obwohl man sie genau messen kann (und sei es in Nanosekunden), ist die gefühlte Zeit doch ein sehr dehnbarer Begriff. Das merkwürdige ist: Je voller man die Zeit packt, umso schneller ist sie vorbei. Dafür zieht sie sich endlos, wenn nichts los ist. Ich staune immer, wie lange eine Minute ist, wenn ich vor der Waschmaschine stehe und die letzte Minute abwarte, weil ich etwas zu früh im Keller bin und keine Lust habe, noch mal rauf zu laufen. Ich habe aufgehört, mich darüber zu ärgern, denn eigentlich ist es ja eine geschenkte Minute. Ich stehe einfach mal rum und mache NICHTS.
Heutzutage hat ja niemand mehr Zeit. Die Jahre rauschen immer schneller dahin. Heißt das, dass wir alle unsere Kalender viel zu voll packen und viel mehr Zeit genießen könnten, wenn wir mal konsequent Termine fasten würden? Ich komme langsam auch darauf, in meinen Outlook-Kalender Pausen und „Fokuszeiten“ (das Wort kannte ich vor ein paar Jahren noch nicht) einzutragen, damit ich Zeiten habe, in denen ich mal in Ruhe gelassen werde und mich auf Dinge konzentrieren kann, die Nachdenken erfordern.
Ich hatte vor etlichen Jahren ein Seminar gemacht, und einer der Sätze, die bei mir hängengeblieben sind, lautet: Geschwindigkeit ist der Anfang der Gewalt. Das hat was. Was tun wir uns, unseren Mitmenschen und dem Planeten an, weil wir alles haben und tun wollen, und das schnell und sofort? Durch die beschleunigte digitale Kommunikation sind die Erwartungshaltungen enorm gestiegen. Am besten soll ich die Antwort sofort bereit haben, möglichst noch im Lauf des Tages. Muss mein Konsum immer schnelllebiger werden? Muss ich überall hin und dann ganz schnell da sein?
In den Impulsen dieser Fastenzeit wollen wir uns mit der Zeit befassen, und hoffen, dass Ihr daraus ein paar sinnstiftenden Anregungen schöpfen könnt. Wir wünschen Euch eine entschleunigende und inspirierende Fastenzeit in der Vorfreude auf Ostern.
Hiltrud Bibo