Sanierung im Feriendorf
Das einzige Gebäude der Region Vogelsberg, das in direkter Bauhaustradition entwickelt und umgesetzt wurde, das Kolping-Feriendorf bei Herbstein, wird im „Bauhausjahr“ aufwändig und sensibel saniert. Land und Bund haben jetzt Fördermittel von jeweils 400.000 Euro bewilligt, teilt der Geschäftsführer des Kolping-Dorfes, Hubert Straub, mit.
„Wir freuen uns sehr, dass wir das Haupthaus des Dorfes im Jubiläumsjahr des Bauhauses sanieren können. Damit zeigen wir auch, dass die Region Vogelsberg auch über ein einzigartiges Gebäude der Bauhaus-Moderne verfügt, was bis jetzt noch nicht allgemein bekannt ist.“ Insgesamt betrage die Investitionssumme 1,2 Millionen Euro, weitere 400.000 Euro übernehme das Kolping-Werk.
Im Jahr 1965 wurde der Grundstein für das Feriendorf bei Herbstein gelegt. Architekt war Robert Ried aus Frankfurt, ein großer Liebhaber der Bauhaus- Architektur der mit dem Bau des Kolping Feriendorfes „Bauhaus“ mit allen auch ideellen, gesellschaftlichen Bezügen konkret umsetzte.
Die Proportionen und der Zweck des Gebäudes folgen ganz dem sozialen Grundgedanken von Bauhaus. Gewohnt wird in funktionalen und bis ins Detail durchdachten Bungalows. Hier richten sich die Gäste mehr mental als materiell ein. Im Rahmen einfacher Strukturen wird der Mensch wird zum Maß aller Dinge. Sein Bedürfnis nach Ruhe und Erholung rückt in den Mittelpunkt des Aufenthalts. Das Kolping-Dorf ist ein „Anders-Ort“, an dem sich vorwiegend Familien erholen und der Mensch so sein darf, wie er eigentlich ist.
Interessant ist, dass das christliche Kolpingwerk ebenso den Sozial-Gedanken in den Mittelpunkt seines Schaffens stellt. Vielleicht liegt hier der Schlüssel, warum sich im Vogelsberg die sozial-politische Bauhausphilosophie so gut mit dem christlichen Kolping-Werk vereint.
Die anstehende Sanierung wird viel Fingerspitzengefühl erfordern. „Wir stehen vor der Herausforderung, einen energetischen Umbau zu realisieren, mit dem wir 30 Prozent Energie einsparen wollen und gleichzeitig das Ensemble so zu erhalten, dass es seinen Geist nicht verliert“, so der Architekt des Projekts, Michael Ruhl.
Da das Haus nicht in der Bauhaus-Periode zwischen 1920 bis 1940 entstanden ist, gilt es nicht als Bauhaus-Denkmal und steht dementsprechend nicht unter Denkmalschutz. Das bedeutet, dass moderne Brandschutzbestimmungen beim Umbau eingehalten werden müssen. An manchen Stellen wird das Gebäude nach dem Umbau weniger lichte Großzügigkeit haben. Zum Beispiel dort, wo eine neue Brandschutzmauer eine ursprüngliche Fensterfront ersetzt.
„Alles in allem sind wir sehr froh, dass wir mit Bund und Land einen attraktiven Kompromiss entwickelt haben“, so Architekt Ruhl weiter. Man werde eine Sanierung verwirklichen, die die Bauhaus-Wurzeln wieder stärker sichtbar mache und in Farbgebung und Materialwahl auch die 60er Jahre, der Zeit, in der das Ensemble gebaut wurde.
Abschließend verweist Geschäftsführer Straub auf eine weitere Einzigartigkeit des Feriendorfes hin: „Das Haus ist eines der weltweit ganz wenigen Orte, wo modere Bauhausarchitektur in eine ländliche Umgebung eingefügt wurde, sozusagen Bauhaus auf dem Land direkt gegenüber vom Bauernhof.“
Inzwischen ist das Feriendorf nicht mehr aus der Nachbarschaft von Herbstein wegzudenken. Auch wirtschaftlich hat es sich zum wichtigen Faktor entwickelt: 25 Menschen arbeiten hier, 24.000 Übernachtungen im Jahr haben positive Effekte auf die regionale Wirtschaft.
Heute bietet das Haus neben den Familienurlauben auch für den kleinen Geldbeutel, Gruppenreisen und spezielle maßgeschneiderte Seminare für große Firmen an. So schätzen beispielsweise große Unternehmen die ländliche Umgebung und die Sachlichkeit des Gebäudes als Ort, um seine Mitarbeiter in sozialer Kompetenz zu schulen. Ganz im Geiste von Bauhaus und Kolping.