Es wird Zeit, dass wir aufhören, Karyatiden dieser Kirche zu sein
„Veränderungen, die wir Frauen in der Kirche brauchen, müssen bei uns selbst beginnen. Uns wurde ein Fremdbild übergestreifte, das bis heute unser Selbstbild prägt.“ Biblische Texte selbst geben klare Hinweise auf eine frühe Beteiligung von Frauen an der Verkündigung. Nicht die Texte selbst, sondern ihre Interpretation und Wirkungsgeschichte und auch die Entwicklung von Werken in der bildenden Kunst beeinflussen unsere Meinung zur Rolle der Frau in der Kirche – bis heute. Keine leeren Worthülsen, denn Jutta Lehnert, eine Frau voller Power und Begeisterung, vermittelte fundierte Bibelarbeit. Biblische Texte wurden nicht nur exegetisch und philologisch auf den Prüfstand gestellt, sondern auch in ihren Kontext gesetzt: Wie ging es den Menschen damals wirtschaftlich, wie politisch und welche Grundüberzeugungen hatten sie? Viel Hintergrundarbeit steckt die Pastoralreferentin aus dem Bistum Trier in ihre Recherchen und Überlegungen, die umso mehr überzeugen. Wir behandelten Eva, Maria von Magdala, Maria, die Schwester der Martha, und die Textilarbeiterin Lydia. Einige der Teilnehmerinnen kannten schon die Übersetzungsfehler, mit denen Männer als „Diakone“, Frauen dagegen als „Dienerinnen“ bezeichnet werden. Keine aber kannte das Evangelium der Maria Magdalena. Gerade diese Frau nahm eine besondere Stellung in der Jüngerschaft Jesu ein. Ihr nur in wenigen Seiten überliefertes Testament macht eindrücklich deutlich, wie nahe diese Gnostikerin Jesus stand – und mit welcher Eifersucht seitens ihrer männlichen Kollegen sie zu kämpfen hatte. Im 2. Jh. n.Chr., einem frauenfeindlichen römischen Zeitalter, verstärkten sich die Tendenzen, auch Frauen das Verkündigen des christlichen Glaubens zu verbieten. Entsprechend wurde auch das Evangelium der Maria Magdalena nicht in den Kanon der Evangelien aufgenommen.
Der Tag war sehr dicht und wirkt noch lange nach. Jutta Lehnert macht Mut: „Ich glaube, Frauen sollten kein Ehrenamt in der Kirche übernehmen ohne Mitspracherecht. Darauf sollten Frauen bestehen.“
Es gibt viele Strategien, im System Kirche als Frau zu überlegen. Sinnlose Kämpfe kosten Kraft, sollten vermieden werden. Deshalb rät Jutta Lehnert, am besten einen großen Bogen um Kleriker machen. Allerdings gibt es auch Frauen – und einige Teilnehmerinnen kennen auch solche, die durch die patriarchalischen Strukturen regelrecht vergiftet sind. Deshalb sei konsequent - anders als Maria 2.0 es fordert - auf das Amt von Priester*innen zu verzichten.
Was können wir jetzt tun? Da der Vatikan nicht verbieten kann, dass Menschen zusammen kommen und beten, dass Menschen zusammen kommen und gemeinsam Brot brechen und Wein trinken, gilt es, sich einfach rauszubewegen aus den Kirchengebäuden (wie es in Corona-Zeiten ohnehin geschieht) und zu machen. Und so endete der Tag beim gemeinsamen Genießen von Brot und Wein und guten Gesprächen.
Einen herzlichen Dank sprach Diözesangeschäftsführerin Gabi Nick an Jutta Lehnert aus, ganz im Sinne der übrigen Jüngerinnen des Tages.